Ukraine: „Wenn wir 2023 Weihnachten feiern, singen die Kinder nicht“

Das Foto von Weihnachten 2022 ist wie aus einer fernen Zeit. Dabei ist es noch nicht einmal ganz zwölf Monate her, dass Tatianas Familie in Frieden in ihrem Heimatort in der Ukraine feiern konnte. Dieses Jahr am 7. Jänner herrscht Krieg, wenn die orthodoxen Kirchen sowie die Mehrheit der griechisch-katholischen Gemeinden das Weihnachtsfest begehen. Tatiana, ihr Mann und ihre Kinder mussten mittlerweile in den Westen des Landes fliehen. „Ich weiß jetzt schon, dass es dieses Jahr keinen Weihnachtsbaum geben wird“, sagt Tatiana. „Wir haben nicht mal genug Geld für eine richtige Mahlzeit. Wir werden uns in Decken einwickeln und eng zusammensitzen, da wir keine Heizung haben.“
Tatiana hat auf der Flucht ihr neuntes Kind bekommen. Es ist schwer für die große Familie. Sie ist im Haus von Tatianas Mutter untergekommen, doch es gibt nicht genug Betten. Es fehlt eine funktionierende Toilette. Sie benutzen ein Plumpsklo auf der Rückseite des Hauses. Wenn es genügend fließendes Wasser gibt, verwenden sie zum Waschen ein Plastikwaschbecken. Jeden Tag ist es eine neue Herausforderung, für neun Kinder Nahrung bereit zu stellen. „Wenn ich genug Getreide finde, gibt es zu Weihnachten vielleicht einen Brei“, sagt Tatiana. „Ansonsten wird es wohl eine dieser Suppen, die mit heißem Wasser aufgekocht wird. Hauptsache es gibt etwas Warmes, das alle satt macht.“
Früher war Weihnachten mit Musik und Liedern verbunden. Doch die älteren Kinder haben aufgehört, Instrumente zu spielen. „Und sie singen nicht mehr“, sagt Tatiana. Bei allen hat der Krieg Spuren hinterlassen. Ihr vier Jahre alter Sohn Illya fürchtet zum Beispiel, dass Panzer kommen, sobald er ein Geräusch hört, das er nicht kennt.
Die einst reich gedeckten Tafeln, der Duft ukrainischer Spezialitäten und die freudigen Gesänge sind einer neuen Realität gewichen. Das Weihnachtsfest in diesem Jahr wird anders sein als die Jahre zuvor. „Doch das Wichtigste ist, dass wir einander haben und alle zusammen in Sicherheit sind“, sagt Tatiana.
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