Syrien: „Ich bin dankbar etwas bewirken zu können“

Welttag der humanitären Hilfe

Maryam* arbeitet als Helferin im Nordwesten Syriens. Sie hilft vertriebenen Frauen und Mädchen, die in missbräuchlichen Situationen leben, Gewalt erleben und früh- oder zwangsverheiratet wurden. Zum Welttag der humanitären Hilfe gibt sie uns Einblick in einen Arbeitstag:

Maryam in ihrem Büro, Helferin, Syrien Maryam in ihrem Büro, Helferin, Syrien
  • 6:00 Uhr:
    Ich beginne den Tag mit Sport und bereite anschließend Frühstück vor. Bevor ich zur Arbeit gehe, verbringe ich gerne Zeit mit meinem Mann und unseren drei Kindern.
  • 7:00 Uhr:
    Der Abschied von meinen Kindern fällt mir immer schwer. Sie bleiben bei meinen Schwiegereltern, da mein Mann als ehrenamtlicher Lehrer arbeitet. Ich brauche zwei Stunden ins Büro, weil die Straßen stark beschädigt sind und es oft keinen Treibstoff gibt.
  • 9:00 Uhr:
    Bei einer Tasse Kaffee bespreche ich mit meinen Kolleg:innen den anstehenden Tag. Meistens halte ich formelle Sitzungen mit großen Gruppen ab oder besuche einzelne Frauen und Familien zu Hause. Ich höre ihnen zu, berate sie über ihre Rechte und darüber, wie sie Hilfe bekommen können. Weitere Besuche stellen sicher, dass die Frauen wirklich die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
  • 10:00 Uhr:
    Abfahrt in nahegelegene Dörfer und Städte. In den Camps für Vertriebene ist immer viel los. Jeden Tag treffe ich mich mit 3-4 Familien und damit etwa 10-15 Personen. Die meisten meiner Fälle handeln von Gewalt und Missbrauch. Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und ein ernstes Problem. Tradition, Kultur und soziale Normen bevorzugen Männer und verschließen die Augen vor der Misshandlung von Frauen. Viele von ihnen sind am Ende und wissen nicht mehr weiter. Vor allem in Krisensituationen ist die Wahrscheinlichkeit von Gewalt für Frauen viel höher.
  • 13:15 Uhr:
    Rückfahrt ins Büro. Trotz der unerträglichen Sommerhitze bin ich dankbar für meine Arbeit. Die Familien, die in den Camps leben, haben kaum Schutz.
  • 14:15 Uhr:
    Ich bringe meine Kolleg:innen auf den neuesten Stand. Wir besprechen, wie wir die Menschen trotz der schwierigen Umstände am besten unterstützen können. Sie bitten mich immer um finanzielle Unterstützung und medizinische Hilfe. Gesundheitsfürsorge, Treibstoff, Gas zum Kochen, Strom, Wasser und sogar Brot sind schwer zu bekommen, vor allem in den Camps. Hier trifft es Frauen und Mädchen noch härter, weil es keine Schulen und damit keinerlei Zugang zu Bildung oder einer Ausbildung gibt.
  • 16:00 Uhr:
    Abschied und Heimfahrt. Im Dunkeln ist es für Frauen nicht sicher, lange alleine unterwegs zu sein. Ich freue mich auf meine Kinder, bin aber auch dankbar für die Möglichkeit, etwas bewirken zu können. Ich hoffe, dass meine Arbeit dazu beitragen kann, geschlechtsspezifische Gewalt zu verringern und die Sicht der Gesellschaft auf Frauen zu verbessern. Mein Wunsch ist es, das eines Tages in einem Gesetz verankern zu können.

*Name zum Schutz der Privatsphäre geändert

Maryam am Gelände, Syrien Maryam am Gelände, Syrien
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