Mestia: Zusammenhalt zwischen Bergen und Wehrtürmen

Der Flughafen Natakhtari liegt knapp 30 Minuten Autofahrt von der georgischen Hauptstadt Tiflis entfernt. Einmal täglich starten hier Kleinflugzeuge nach Batumi, Ambrolauri oder Mestia. Letzteres ist auch das Ziel unserer Reise. Wir steigen in den Flieger, in dem zwanzig Passagiere Platz haben. Auf dem Flugfeld streunt ein Hund auf der Suche nach Futter.

Gebirge in Mestia, Georgien Gebirge in Mestia, Georgien

Als wir abheben, sehe ich braune Felder. Es ist Mitte September und die letzten Wochen waren heiß. Eine halbe Stunde später wird die Landschaft immer grüner, bergiger und atemberaubender. Die Baumgrenze ist deutlich höher, als ich es aus Österreich kenne. Dahinter sind die schneebedeckten Bergspitzen des Kaukasus-Gebirges zu sehen. Wir sind im Landeanflug.

Vor uns liegt auf 1.500 Metern die Bergstadt Mestia. Sofort fallen mir die steinernen Wehrtürme auf. Viele hundert Jahre zuvor hatte jede Familie in der Region einen Wehrturm zum Schutz vor Feinden oder Lawinen. Heute sind von den geschätzten 300 Türmen in Mestia knapp über vierzig übrig. Die Region zählt auch deshalb zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Kühe spazieren auf Straße in Mestia, Georgien Kühe spazieren auf Straße in Mestia, Georgien

Mestia ist ein beliebtes Ziel für den Tourismus – dennoch kämpft die Gemeinde damit, ihr Potenzial auszuschöpfen. Die abgeschiedene Lage, Folgen des Klimawandels, schlechte Infrastruktur, Armut, Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die lokale Bevölkerung zu kämpfen hat.

Unser CARE-Projekt im Rahmen des EU-Programms für Regionalentwicklung setzt hier an. Gemeinsam mit den Einwohner:innen arbeitet CARE daran, die regionale und wirtschaftliche Entwicklung in Mestia voranzutreiben. Was das bedeutet, werde ich bereits am ersten Tag unserer Pressereise erfahren.

Flugzeug am Flugplatz in Mestia, Georgien Flugzeug am Flugplatz in Mestia, Georgien

Am kleinen Flughafen in Mestia empfängt uns herzlich das CARE-Team. Nach einer kurzen Stärkung mit traditionellem Khachapuri (georgisches, mit Käse gefülltes Brot), besuchen wir Nariman Japaridze. Er führt mit seiner Familie drei Gästehäuser auf einem wunderschönen Grundstück mitten im Grünen.

In Mestia kommt es häufig zu Stromausfällen, die auch mal zwei Tage andauern können und dem Geschäft schaden. Mit Zuschuss von CARE installierte Nariman Solarzellen, die bis zu vier Hütten mit Strom versorgen können. Im Tourismus sieht er die Zukunft der Familie. Versteckt hinter Bäumen, entdecke ich schon die nächste Hütte, an der gebaut wird.

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Als nächstes heißt uns mitten im Stadtzentrum Nana Pipia etwas schüchtern in ihrer kleinen Zahnarztpraxis willkommen. Umso beeindruckter bin ich von ihrer Geschichte. Sie ist die einzige Zahnärztin in der ganzen Gemeinde. Ursprünglich nicht aus Mestia, ist Nana hergezogen, um ihre Praxis zu eröffnen und den Menschen zu helfen. Von CARE bekam sie Unterstützung, um neue Ausrüstung zu kaufen. Es gibt nur sehr wenige Fachärzt:innen in der Region. Ihre Arbeit ist unglaublich wichtig für die Menschen.

Es ist Abend und wir sitzen im CARE-Büro mit fünf Mitgliedern des Mitgliedsrats der “Local Action Group” (LAG) in Mestia zusammen. Die Gründung einer LAG ist einer der wesentlichen Pfeiler des Projektes. Zivilgesellschaftliches Engagement, Zusammenhalt in der Gemeinde und Teilhabe an wesentlichen Prozessen und Entscheidungen stehen hier im Fokus.

LAG (Local Action Group) in Mestia, Georgien LAG (Local Action Group) in Mestia, Georgien

Die Gruppe ist bunt durchmischt. Es wird geplaudert und gelacht. Das jüngste Mitglied ist 23, Davit. Er erzählt uns von den Problemen der jungen Menschen in der Region. Viele wandern ab, zu wenige Möglichkeiten sind der Grund. Seit er in der LAG ist, hat er endlich das Gefühl eine Stimme zu haben und etwas bewirken zu können. Er organisiert Workshops für junge Menschen, die deren digitale Fähigkeiten ausbauen und sie dabei unterstützen, einen guten Job zu finden.

Seine und die Motivation der ganzen Gruppe ist ansteckend. Sie sind eine der erfolgreichsten CARE-LAGs in ganz Georgien und unglaublich gut in der Gemeinde vernetzt. Ihre Arbeit hat erst begonnen, erzählen sie uns. Für die Zukunft stehen viele weitere Projekte an, um das Leben in Mestia zu verbessern. Ich wünsche ihnen, dass sie alles erreichen.

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